Kohle, Kunst und verbrannte Erde
In der Kohlstatt beginnt 1611 die Industriegeschichte von Kiefersfelden mit der Gewinnung von Holzkohle. Wer hier tiefer gräbt, trifft immer noch auf „verbrannte“ schwarze Erde. Das Diarama aus dem Museum „Blaahaus“ zeigt die historische Situation.
In den Meilern und Werkstätten werden überwiegend Bäume aus Tirol zu Gruben- und Bauholz verarbeitet. Sie kommen per Trift (eine Vorform der Flößerei) über den Kieferbach. Am Kohlstattwehr driften sie über einen Kanal zur Holzlende (Holz-Landeplatz). 1612 waren es bereits 24.000 Stämme. Die Holzkohle aus den Meilern wird stromaufwärts per Schiff über Inn und Fügen zur Eisenerz-Schmelze in Fügen im Tiroler Zillertal transportiert.
1695 bauen die Fügener zwischen Kohlstatt und Inn einen Hochofen und ein Eisenwerk, verhütteten dort ihr Erz und „exportierten“ es mit Innschiffen. 1883 übernimmt das Marmorwerk Grundbesitz, Wasserrechte und Gebäude. Es schließt am 31.12.2000.
1922 eröffnet auf dem Nachbargelände „Heidelberg Cement“ eine Produktionsstätte. Der Rohstoff kommt mit der „Wachtlbahn“ aus einem Tiroler Steinbruch direkt hinter der Landes- grenze. 2003 schließt der Betrieb. Damit endet Kiefersfeldens Industriegeschichte. Der markante Schornstein wird 2008 gesprengt, die „Wachtlbahn“ zunächst nur noch touristisch genutzt.
Geschichte & Geschichten
Als Arbeiter kamen Köhler und Holzknechte aus Tirol mit ihren Familien in die Kohlstatt. Gemeinsam mit Einheimischen gründeten sie 1618 ein Volkstheater. Es ist die Urzelle der „Ritterschauspiele Kiefersfelden“. Dessen heutige Spielstätte existiert seit 1833. Auf der weltweit einzigartigen barocken Dreh- und Klappkulissenbühne begeistern alljährlich im Sommer bis zu 100 Mitwirkende mit historischen, mystischen, blutrünstigen und furiosen Ritterdramen tausende von Besuchern. Zum 400. Geburtstag von Deutschlands ältestem Dorftheater wurde 2018 am Rathaus ein Ritter-Kunstwerk aufgestellt.
Den Köhlern im Ortsteil Kohlstatt war das Bier beim eingesessenen Kieferer Gastwirt zu teuer geworden. Darum gründete der Kohlenmesser Franz Schaub 1813 eine Arbeiterkantine. Sie ist der Ursprung des heutigen Schaupenwirt. Wechselnde Besitzernamen resultieren aus der Vererbung des Anwesens an Tochtergenerationen. Der Hausname für das Traditions-Gasthaus mit seiner heute anerkannt guten Küche aber bleibt erhalten. Die gemütlichen Stuben, eines der letzten, heute selten gewordenen „Salettl“ und der von Wiesen umgebene Gastgarten zeugen von über 200-Jähriger bayerisch-tiroler Wirtshauskultur.